Diente das 1. Quartiers-Forum im Projekt „Altengerechtes Quartier Eschweiler-Zentrum“ am 5. Juli 2016 unter dem Motto „Jetzt sind Sie dran!“ noch einer ersten Bestandsaufnahme, welche Themen und Aspekte aus der Sicht von Bewohnerinnen und Bewohnern, Organisationen und Einrichtungen zukünftig bei der Quartiersentwicklung im Vordergrund stehen sollten, so konzentrierte sich das 2. Quartiersforum am 7. September 2016 im Ratssaal des Rathauses der Stadt Eschweiler auf das Thema „Bürgerschaftliches Engagement zur Verbesserung der Lebenssituation von älteren Menschen“. Beim 3. Quartiers-Forum im Ratssaal des Rathauses der Stadt Eschweiler am 8. November 2016, das Teil der Seniorenwoche 2016 in Eschweiler zwischen dem 7. und 11. November war, wurde schließlich ein immer wieder in den vorangegangenen Foren und auch in den Fokus-Gruppen des Projektes „Entwicklung des altengerechten Quartiers Eschweiler-Zentrumt“ diskutiertes Thema aufgegriffen: Wohnen im Alter -. so das Schwerpunktthema des 3. Quartiers-Forums – ist offensichtlich für ältere, aber auch bereits für jüngere Menschen ein zentraler Aspekt, wenn es um die Frage geht, wie man/frau zukünftig im Quartier Eschweiler-Zentrum leben möchte.
Bereits im Jahre 2015 hatte das B-PLAN Büro für sozialwissenschaftliche Analysen und Planungen Dr. Joußen eine Untersuchung vorgelegt, die auf der Grundlage einer Befragung von Bewohnerinnen und Bewohnern über 50 Jahre im Sozialraum Eschweiler-Innenstadt die Wohnwünsche und Erwartungen an ein alte(rs)ngerechtes innenstadtnahes Wohnen skizzierte. „Im Vordergrund der seinerzeit erhobenen Wohnwünsche älterer Menschen stand auch in Eschweiler das ´Wohnen in den eigenen vier Wänden´, solange es die Gesundheit und die Versorgung zulassen“, so Dr. Joußen in seinem Resümee der Untersuchung.
Aber was ist und was kann durch eine Kommune und andere Akteure getan werden, um diesem Wohnwunsch älterer Menschen besser zu entsprechen? Welche Wohnformen können ältere Menschen gemeinsam selbst initiieren, um nicht im Alter den Weg ins Heim antreten zu müssen? Mit diesen und weiteren Fragen rund um das Thema „Wohnen im Alter“ beschäftigte sich daher das 3. Quartiers-Forum in Eschweiler am 8. November 2016.
Dazu konnte der Seniorenbeauftragte der Stadt Eschweiler Peter Toporowski zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie Repräsentanten von Organisationen und Einrichtungen aus dem Bereich der Seniorenarbeit, der Immobilienwirtschaft sowie Vertreterinnen und Vertreter politischer Gremien und Parteien aus Eschweiler begrüßen.
Nach einer kurzen Einführung in das Themenfeld durch den Seniorenbeauftragten informierte Sabine Matzke vom Landesbüro alternative Wohnformen über Möglichkeiten und Umsetzungswege zum gemeinschaftlichen Wohnen im Alter. Frau Matzke präsentierte zunächst ausführlich, was mit „gemeinschaftlichem Wohnen“ gemeint ist. Gemeinschaftlich heißt, dass sich eine Gruppe von Menschen, die durchaus alle sehr unterschiedlich sein können, zusammen auf den Weg macht, um für sich und abgestimmt auf die möglicherweise sehr besonderen Ideen und Bedürfnisse der einzelnen Mitglieder der Gruppe auf den Weg macht, innovativ und gemeinschaftlich im Alter zu wohnen. Dabei gibt es eben nicht nur eine Form, so Frau Matzke, sondern viele, wie dieses gemeinsame Wohnen aussehen kann. Das Spektrum reicht nach ihrer langen Praxiserfahrung von der Wohngruppe „rüstiger Rentner“ bis hin zur ambulant durch einen Pflegedienst betreuten Wohngruppe alter Menschen. Der Wohnraum kann dabei Eigentum der Gruppe sein oder auch ein Mietobjekt sein.
Die jahrelangen Erfahrungen von Frau Matzke zeigen aber auch, dass der Weg bis zur Realisierung des gemeinschaftlichen Wohnens durchaus lange dauern kann, länger jedenfalls als viele bei Beginn ihrer Initiative erwarten. Am Anfang steht die Initiierung des Vorhabens, d.h. Gleichgesinnte werden gesucht. Dann kommt die Planungsphase, in der wohl überlegt und gemeinsam abgestimmt werden muss, wie man/frau denn zukünftig zusammen wohnen möchte – viel gemeinsam, nur wenig gemeinsam …, die Suche nach einer Wohnung oder einen Baugrundstück, die Frage der Finanzierung – selbst durch die Gruppe oder z.B. durch einen interessierten Investor -, evtl. die Auswahl eines Bauunternehmens und eines Architekten. Die Planungsphase hält viele Aufgaben, Probleme und auch Überraschungen bereit, die manchmal auch schon einige Mitglieder der Gruppe zum Ausstieg aus dem Vorhaben veranlassen. Sind all diese Hürden genommen, geht es ans Bauen und Einrichten. Erst dann kommt die gemeinschaftliche Wohnphase – und auch die will organisiert werden: Gemeinsam entscheiden, gemeinsame Aktivitäten planen und durchführen – genau das macht das gemeinschaftliche Wohnen aus, aber manch ein Gruppenmitglied stellt spätestens jetzt fest, dass es vielleicht doch nicht „seine“ Gruppe und „sein“ Wohnprojekt ist.
Die von Frau Matzke anschließend präsentierten Beispiele von gemeinschaftlichen Wohnen – z.T. auch von mehreren Generationen gemeinsam – waren Erfolgsgeschichten, die auch den langen Weg von der Initiierung bis zur Realisierung – und auch das mit Problemen genommen haben.
Den letzten Teil ihres Vortrages widmete Frau Matzke der praktischen Frage, wie es denn gelingen kann, in mehreren Schritten ein solches gemeinsames Wohnprojekt bis zur Realisierung auf den Weg zu bringen. Auch dafür gibt es keinen Königsweg, aber zum Glück zahlreiche Einrichtungen, die Initiativen in den verschiedenen Phasen mit ihrer langjährigen praktischen Erfahrung unterstützen. Eine davon ist das Landesbüro innovative Wohnformen. NRW, an dem auch Frau Matzke als Beraterin tätig ist. Interessierte lud Frau Matzke daher zum Abschluss ein, intensiv vom kostenlosen Beratungs- und Begleitungsangebot des Landesbüros auch in Eschweiler Gebrauch zu machen, damit auch hier gemeinschaftliches Wohnen von älteren Menschen nicht nur ein Wunsch für viele bleibt.
Auf dem Podium mit dem Seniorenbeauftragten, dem Quartiersentwickler Cem Goekce und Dr. Joußen als wissenschaftlicher Begleiter des Projektes „Entwicklung des altengerechten Quartiers Eschweiler-Zentrum“ fand der Vortrag von Sabine Matzke ebenso viel Zustimmung wie im Auditorium. Die zahlreichen Fragen und Statements zur Umsetzung von Projekten zum gemeinschaftlichen Wohnen von älteren Menschen ließen erkennen, dass alternative Wohnformen auch in Eschweiler attraktiver geworden sind und immer mehr Bewohnerinnen und Bewohner nach Gleichgesinnten suchen, um ein solche Wohnprojekte in Eschweiler auf den Weg zu bringen. Sabine Matzke machte bei ihren Antworten auf die sehr praktischen Fragen aus dem Auditorium auch nochmals deutlich, dass auch nach ihrer langjährigen Erfahrung vor allem drei Fragen vorab bei einem solchen Wohnprojekt von den Beteiligten abschließend geklärt werden sollten:
? Wer ist Mitglied der Kerngruppe, die das Projekt auch bei Problemen „zieht“?
? Sind die wichtigsten Grundsatzfragen zum zukünftigen gemeinschaftlichen Wohnen zwischen allen Mitgliedern der Gruppe abschließend geklärt?
? In welcher Form soll das Vorhaben realisiert werden: Kauf eines Objektes, Bau eines Objektes, Eigentum der Gruppe oder Realisierung mit einem Investor?
„Sofern dazu alle an einem Strang ziehen“, so die Bilanz aus vielen Jahren Begleitung von Wohnprojekten, „sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung gut“, so Frau Matzke. Aber auch wenn das Projekt gelingt, bleibt es ein soziales Projekt mit Menschen, die sich und auch ihre Beziehungen verändern, die älter und alt werden und die eben manchmal auch nach einer Weile zusammenwohnen feststellen, dass sie doch nicht zu gut miteinander auskommen wie eigentlich erwartet. Auch im gemeinschaftlichen Wohnen wird gelebt, gibt es Harmonie, aber eben auch Konflikte, so wie beim „normalen“ Wohnen auch. Darauf müssen sich eben alle Beteiligten einstellen. Und dazu gehört eben auch, dass die Mitglieder der Gruppe wechseln. Auch gemeinschaftliches Wohnen ist eben Stabilität und Veränderung zugleich, so Sabine Matzke in ihrem Resümee!
Vertreter der Immobilienwirtschaft aus Eschweiler betonten zum Abschluss ebenfalls ihr Interesse an der Realisierung solcher Projekte, forderten aber eine aktivere Rolle und Unterstützung durch die Kommunen, etwa bei der Ausweisung von neuen Wohngebieten, die eben auch offen für das Mehrgeschoßbauen sein sollten. Der Seniorenbeauftragte der Stadt Eschweiler Peter Toporowski sagte dazu seine Unterstützung für alle Interessierten zu.
In Kooperation mit:
Neues Wohnen im Alter e.V., Köln – Landesbüro innovative Wohnformen.NRW Rheinland
Eschweiler Zeitung: